Barbara Schmid-Federer leistete als Freiwillige ein Praktikum im Café Yucca im Zürcher Niederdorf. Sie erlebte dort einiges, das sie so nicht erwartet hatte.
Ob alt oder jung, ob mit kleinen oder grossen Sorgen, mit psychischen Beeinträchtigungen oder ohne Obdach: Im Café Yucca mitten in der Zürcher Altstadt finden alle einen Ort zum Sein. Jeden Abend um 22 Uhr schliesst das Café Yucca seine Türe. Während sich die Mitarbeitenden kurz zuvor an die Reinigung der Tische machen, packen die Gäste ihre Rucksäcke, putzen sich die Zähne und rüsten sich mit Plastiksäcken für die Nacht aus. Gemeinsam verlassen wir das Café, nicht selten bei starkem Regen. Die Gäste suchen sich ihre Schlafplätze, sei dies eine öffentliche Toilette, sei dies ein Platz nahe am Fluss oder eine anerkannte Notschlafstelle. Ich schreite zum Hauptbahnhof, vorbei an Cafés mit chic gekleideten Menschen, vorbei an Touristen, welche die Stadt bewundern und empfinde eine tiefe Demut angesichts der versteckten Armut in der reichen Stadt Zürich. So nahe sind uns Armutsbetroffene, und doch sehen wir sie kaum. Im Café Yucca kommt vielfach ein familiäres «Wohnzimmerleben» auf: Stammgäste treffen sich. Sie spielen UNO und essen gemeinsam Suppe und Brot, eine warme Mahlzeit. Die Mitarbeitenden kennen viele von ihnen persönlich, wissen um ihre Geschichten und schenken ihnen Beratung und Zuwendung. Ab und zu frage ich mich, ob diejenigen Menschen, die gerade zuhause vor dem Fernseher sitzen, nicht auch einsam sind. Obdachlose Menschen sind erstaunlich oft hoch gebildet. Nicht Wenige haben eine gute Erziehung und Bildung genossen, die trotz Obdachlosigkeit erkennbar bleibt, sei dies im Gespräch oder dadurch, dass sie am Computer des Café Yucca Konzerte der Wiener Philharmoniker geniessen. Die neun Mitarbeitenden des Café Yucca sind erfahrene, gut ausgebildete Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter. Was diese Fachleute leisten, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Zwei von ihnen kommen aus einem christlich-theologischen Umfeld, was nicht weiter erstaunlich ist, ist doch die Hilfe für den Menschen in Not der Kern des christlichen Glaubens. Doch dies trifft auch für die Gäste zu: Eine Stammkundin kam eines Tages mit glänzenden Augen in das Café und erzählte mir glückselig, sie habe soeben an einem Gottesdienst teilgenommen. Das habe ihr Herz wieder erwärmt. Meine Praktikumszeit beim Café Yucca war sinnstiftend und lehrreich. Sicher werde ich diese wertvolle Zeit nie vergessen. Das Café Yucca ist ein Angebot des Vereins Solidara Zürich, www.solidara.ch, der aus der Evangelischen Gesellschaft hervorgegangen ist. Die Katholische Kirche Zürichs ist seit vielen Jahren Partnerin von Solidara und unterstützt den Verein finanziell. Dieser Text wurde publiziert im Magazin "Credo"
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April 2025
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