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Nein zur gefährlichen Durchsetzungsinitiative

18/12/2015

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Am 28. Februar 2016 stimmt die Schweizer Bevölkerung über die "Durchsetzungsinitiative" der SVP ab. Eine Annahme der Initiative wäre fatal.

Die Durchsetzungsinitiative hat ein radikales Anliegen: Personen ohne Schweizer Pass sollen unbesehen ihrer Wurzeln in der Schweiz selbst bei leichten Delikten automatisch und ohne Rücksicht auf die Umstände ausgeschafft werden. Die vorgeschlagene Verfassungsnorm verletzt die Grundrechte der Bundesverfassung, die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und das Personenfreizügigkeitsabkommen. Der dreiseitige Initiativtext entspricht einem Bundesgesetz, nicht einem Verfassungsartikel. Die Annahme der Initiative würde  einen demokratischen Systembruch bewirken, mit unabsehbaren Folgen für die Rechtsordnung und die Rechtssicherheit. Hervorzuheben sind folgende Punkte:

1. Die Praxis der Ausschaffung straffälliger Ausländer hat sich seit Annahme der Ausschaffungsinitiative 2010 verschärft und wird bei Inkrafttreten des Gesetzesartikels zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative (Sommer 2016) noch strenger. Das Parlament erfüllt damit den Auftrag aus der Ausschaffungsinitiative, diese innert fünf Jahren umzusetzen. Entsprechend hat keine Partei das Referendum gegen die Umsetzungsgesetzgebung ergriffen.

2. Ziel und Wirkung der Durchsetzungsinitiative sind die Ausschaffung von Secondos wegen Bagatelldelikten und leichter Straftaten. Die jetzige Umsetzungsgesetzgebung zur Ausschaffungsinitiative hat für solche Fälle eine Härtefallklausel. Die Durchsetzungsinitiative will das verhindern und richtet sich damit hauptsächlich gegen hierzulande aufgewachsene Personen. Die Durchsetzungsinitiative und der Deliktskatalog gehen damit weit über das hinaus, was die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mit Annahme der Ausschaffungsinitiative 2010 gewünscht hatten.

3. Die Initiative ist diskriminierend und willkürlich. Es gibt keine Gründe, Personen, die hier leben, geboren und aufgewachsen sind, selbst für Bagatelldelikte und einzig aufgrund ihrer Staatszugehörigkeit mit lebenslangen Massnahmen zu belegen. Das verletzt auch die Rechte vieler Schweizerinnen und Schweizer, die mit Personen ohne Bürgerrecht leben (Recht auf Familienleben, Art. 13 BV).

4. Der Initiativtext verletzt das Personenfreizügigkeitsabkommen. Gemäss diesem dürfen EU- Bürger weggewiesen werden, wenn sie schwere Delikte begangen haben und eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen. Die Initiative, die keinen Raum zu Verhandlungen mit der EU zulässt, wäre ein verfassungsmässig verankerter Vertragsbruch. Das würde die Schweizer Position bei der Neuverhandlung der Personenfreizügigkeit und anderer Verträge schwächen.

5. Ziel der Initiative ist, die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu kippen, wonach internationale Verträge wie die EMRK und das Freizügigkeitsabkommen einzuhalten sind. Sie ist ein weiterer Instabilitätsfaktor für die Schweiz als Vertragspartner und Wirtschaftsstandort.

6. Es ist unklar, was für betroffene MitbürgerInnen bzw. StrafrichterInnen bei Annahme gilt: Bundesgesetz? Verfassung?  Internationale Menschenrechtsgarantien (nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung bleiben diese  trotz gegenteiliger Verfassungsnormen anwendbar, BGE 139 I 16)? Eine solch verworrene Konstellation wurde bislang dadurch vermieden, dass neuere Verfassungsnormen und Bundesgesetze im Gesamtkontext der Schweizer Rechtsordnung ausgelegt wurden (sog. Konkordanz). Genau dies will die unüblich detaillierte Verfassungsvorlage verhindern. Sie zielt auf den Bruch mit unserem bisherigen Rechtssystem. Dies hätte unabsehbare präjudizielle Wirkungen und leitete eine Zeit der Rechtsunsicherheit ein.

7. Die Umsetzung der Durchsetzungsinitiative würde für den Staat massive Kosten und Bürokratie bedeuten, soweit diese Initiative aufgrund der zu erwartenden Anzahl Fälle überhaupt vollziehbar wäre. Hinzu kommt, dass selbst Personen, die aufgrund des zwingenden Völkerrechts nicht ausgeschafft werden dürfen (etwa anerkannte Flüchtlinge), auch bei leichten Delikten jeglichen Aufenthaltsstatus für immer verlören (und damit unter ein Arbeitsverbot fielen, obwohl sie in der Schweiz bleiben dürften). Dies würde hohe Sozialkosten verursachen und die öffentliche Sicherheit eher gefährden als schützen.

8. Die „Durchsetzungsinitiative“ (DSI) wurde als Testfall für die EMRK konzipiert. Noch bevor die Volksinitiative „Schweizer Recht statt fremde Richter“ den Vorrang des Landesrecht gegenüber Völkerrecht – und damit die Wirkungslosigkeit der Europäischen Menschenrechtskonvention EMRK für die Schweiz –bewirken soll, schaltet die DSI den Schutzfaktor EMRK bereits aus. Auf den ersten Blick „nur“ für die rund zwanzig Prozent in der Schweiz lebenden Menschen ohne Schweizer Pass. Auf den zweiten Blick wird aber klar: auch alle Menschen mit Schweizer Pass sind betroffen. Denn die Konsequenz ist die Kündigung der EMRK.

Der Text der Durchsetzungsinitiative bündelt – abgesehen von ihrem inhumanen Ziel – alle bekannten Probleme, die wir bisher mit grundrechts- und völkerrechtswidrigen Volksinitiativen hatten. Durch die Radikalität der formalen Ausgestaltung unterscheidet sie sich jedoch von allem, was wir bislang kennen, und birgt damit Sprengkraft für unsere bisherige Rechtsordnung und Rechtskultur (besonders auch das Prinzip der Gewaltenteilung). Sie ist weit über die ausländerrechtliche Frage von demokratiepolitischer Brisanz.


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